
Am 28. April eröffneten Bezirksbürgermeister Martin Hikel und BVV-Vorsteher Karsten Schulz im Saal der Bezirksverordnetenversammlung im Rathaus Neukölln die Wanderausstellung „The Vicious Circle“. In Anwesenheit der Kuratorin Prof. Maiken Umbach vom britischen National Holocaust Museum wurde ein eindrucksvolles Zeichen gegen Antisemitismus und für interkulturellen Dialog gesetzt. Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gabriela Gebhardt und Wolfgang Hecht wohnten der Ausstellungseröffnung bei und hoffen, dass sie auf eine starke Besucherresonanz, insbesondere auch bei Schüler*innen stößt. Zu den Besuchern zählten unter anderem auch unsere Stadträtin für Bildung, Kultur und Sport, Janine Wolter, der Leiter des Museums Neukölln sowie Leiter des Fachbereichs Museum, Stadtgeschichte und Erinnerungskultur, Matthias Henkel sowie die Beauftragte für Integration, Güner Balci.
Die multimediale Ausstellung „The Vicious Circle“ ist bis zum 21. Mai 2025 montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr im Rathaus Neukölln zu sehen. Der Eintritt ist frei.
„The Vicious Circle“ zeigt das Leben jüdischer Gemeinschaften in fünf Regionen – Berlin (1938), Bagdad (1941), Kielce (1946), Aden (1947) und Israel (2023) – bevor sie durch Pogrome und ethnische Säuberungen zerstört wurden. Die Ausstellung dokumentiert nicht nur das friedliche Miteinander mit christlichen oder muslimischen Nachbarn, sondern auch den jähen Bruch durch Gewalt, die stets von Hasspredigern und sogenannten „Befreiern“ ausgelöst wurde. Die Anstifter der Pogrome nutzen Verschwörungstheorien, um andere davon zu überzeugen, dass sie Opfer einer jüdischen ‚Macht‘ sind. Und alle rufen zur Ausübung von Gewalt auf, als einem Akt der Befreiung und geistigen Erlösung, der mit Freude gefeiert werden solle. Die von ihnen angestifteten Pogrome haben Tausende von Gemeinden zerstört, indem sie ihre jüdischen Einwohner ermordeten und vertrieben. Auf diesen Aspekt der Geschichte weisen Wandtafeln in der Ausstellung hin.
In einem Kreis angeordnet, verbindet die Ausstellung fünf persönliche Geschichten über jüdisches Leben, erzählt durch Texte, Videoinstallationen und Originalobjekte. Zu sehen ist beispielsweise eine „Schmetterlingsbrille”. Sie wurde von Shlomo Mansour hergestellt. Shlomo wurde in Bagdad geboren. Während des Farhud Pogroms von 1941 war er drei Jahre alt. 1951 flüchteten die Mansours zusammen mit 100.000 anderen Jüdinnen und Juden aus dem Irak nach Israel. Shlomo baute sich ein neues Leben im Kibbuz Kissufim auf. Die 300 Bewohner*innen setzten sich für den Frieden ein und pflegten kontinuierlich die Partnerschaft mit Beduinen und Araber*innen. Shlomo arbeitete als Tischler und fertigte mit Vorliebe Spielzeug für Kinder. Er arbeitete noch an diesem Schmetterling, als Kissufim am 7. Oktober 2023 von der Hamas angegriffen wurde. Shlomo wurde geschlagen, verschleppt und nach Gaza gebracht. Bislang wurde angenommen, dass er mit 86 Jahren die älteste Person sei, die derzeit von der Hamas als Geisel festgehalten wird. Am 11. Februar 2025 bestätigten die israelischen Streitkräfte (IDF) seinen Tod. Er wurde wohl schon am Tag des Überfalls ermordet.
In seiner Rede zur Ausstellungseröffnung sagte Hikel, dass es gelte, Alltagsrassismus und Antisemitismus zu identifizieren, zu benennen und die entsprechenden Mechanismen sichtbar zu machen. Jüdinnen und Juden dürften kein blinder Fleck für Freiheit sein. „Denn dann leben wir nicht in einer freien Gesellschaft“.
Ein zentrales Anliegen der Ausstellung ist es, den wiederkehrenden Kreislauf antisemitischer Gewalt sichtbar zu machen – eine Gewalt, die sich über Jahrhunderte hinweg wiederholt hat und bis in die Gegenwart reicht. Die Installation endet mit einem Appell: „Ist es nach 2000 Jahren nicht an der Zeit, den Teufelskreis zu durchbrechen?“ Kuratorin Maiken Umbach dankte dem Bezirk Neukölln für die spontane Aufnahme der Ausstellung nach einer kurzfristigen Absage durch die Freie Universität Berlin: „Neukölln wird oft als Brennpunkt des Antisemitismus wahrgenommen. Doch hier entstehen auch innovative Projekte gegen Vorurteile und Hass – vom Rütli Campus bis zur Deutsch-Arabischen Schule und Diese Ausstellung ist Teil dieses Aufbruchs.“ Dazu gehört die hervorragende Arbeit zum Beispiel am Rütli Campus und das Projekt ‚Mehr als 2 Seiten‘. Dazu gehört das fantastische Programm der Deutsch-Arabischen Schule unter Leitung von Dr. Huthaifa Al-Mashhadani. Dazu gehören die mutigen Initiativen am hiesigen Bajszel. Ich freue mich besonders über die Zusammenarbeit mit all diesen Kolleg*innen, die ermöglichen, dass unsere Ausstellung im Zusammenhang mit solchen Initiativen, einen nachhaltigen Beitrag leisten kann.“
Umbach betont, dass es sich bei der Ausstellung nicht um eine isolierte jüdische Geschichte handelt, sondern um eine gemeinsame Geschichte – ein konstruktives Zusammenleben, das immer wieder durch Wahnvorstellungen zerstört wurde: „Nur wenn wir Antisemitismus als eine europäisch-arabische Verflechtungsgeschichte begreifen, die auch 1945 nicht endete, können wir verstehen, warum Ereignisse wie der 7. Oktober 2023 auf Resonanz stoßen – und wie wir dem etwas entgegensetzen können.“
Ausstellung „The Vicious Circle“
Rathaus Neukölln, BVV-Saal (2. OG), Karl-Marx-Straße 83, 12043 Berlin
noch bis zum 21. Mai 2025
Mo – Fr, 8 – 18 Uhr (Feiertage ausgenommen)
Eintritt frei.