Neue Stolpersteine in Britz verlegt

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Nahmen an der Verlegung teil: Bezirksstadträtin Karin Korte (SPD), Derya Caglar MdA, Wolfgang Hecht und Michael Morsbach (v.re.)

Brauchen wir 77 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau eine Erinnerungskultur an die Shoa, den Völkermord an den europäischen Juden und die verfolgten des Naziregimes? Ja, wir brauchen sie. Denn, wie unserer Bundesinnenministerin Nancy Faeser zum zweiten Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau mit neun Morden an jungen Menschen sagte: „Hanau hat erneut auf schreckliche Weise gezeigt: Nichts bedroht das friedliche Zusammenleben unserer Gesellschaft derzeit so sehr wie der Rechtsextremismus. Deshalb hat dessen Bekämpfung für mich oberste Priorität“. Und ein Moment dieses Kampfes gegen Rechtsextremismus ist das Erinnern als Kontrapunkt zum Vergessen und Verdrängen. So wie wir der Opfer von Hanau gedenken, gedenken wir weiter der Opfer und der Verfolgten des Nazi-Regimes, die von Folter und Tode bedroht sich verstecken und ihre Heimat verlassen mussten.
So gedachten die Neuköllner Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD), der SPD-Bezirksverordnete Wolfgang Hecht, unser Bürgerdeputierter Michael Morsbach sowie die Abgeordnete Derya Çağlar MdA (SPD) am 18. Februar bei einer Stolpersteinverlegung Ruth Fischer, Arkadi Maslow und Friedrich Gerhart Friedländer. An der Stolpersteinverlegung durch den Begrgünder des Projekts und Künstler Gunter Demnig, nahm neben den Paten unter anderem auch der  Biograf von Ruth Fischer, Prof. Mario Keßler, Senior Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung und der neue Leiter des Museum Neukölln Dr. Matthias Henkel teil.

Ruth Fischer (1895–1961) ist als Elfriede Eisler in Wien aufgewachsen, zusammen mit ihren Brüdern, dem Journalisten Gerhart und dem Komponisten Hanns Eisler. Ruth Fischer, einst Gründerin der Kommunistischen Partei Österreichs, ging 1919 nach Berlin, erlangte zusammen mit Arkadi Maslow die Parteispitze und wurde schließlich zusammen mit ihm 1926 von der KPD abgesetzt und aus der Partei ausgeschlossen. Danach lebte sie unter anderem in der Andreasberger Straße 9 in Britz, während sie als Sozialarbeiterin im Prenzlauer Berg tätig war. Am 9. März 1933 flüchtete sie vor der Nationalsozialistischen Verfolgung aus Berlin und verbrachte die nächsten Jahre in Paris. 1941 kam sie nach New York. Sie starb 1961 in Paris.

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Arkadi Maslow (1891–1941) wurde als Isaak Jefimowitsch Tschemerinski in der Ukraine geboren und wuchs in Deutschland auf. Als Jugendlicher war er Konzertpianist und bereiste die Welt, bevor er ein Studium der Naturwissenschaften begann. Beim Eintritt in die Kommunistische Partei nahm er das Pseudonym Maslow an. Wegen seiner sowjetischen Staatsangehörigkeit konnte er 1939, nach der Machtergreifung der Nazis nicht mit Fischer nach New York ausreisen. Er bekam zunächst kein Visum und ging 1940 nach Kuba. Kurz nachdem Ruth Fischer ein US-Visum für ihn organisiert hatte, wurde Maslow in Havanna tot aufgefunden. Es wird von einem Mord der sowjetischen Geheimdienste ausgegangen – schließlich waren Fischer und Maslow Stalin ein Dorn im Auge.

Friedrich Gerhart Friedländer (1917–2001) war Ruth Fischers Sohn, aus ihrer Ehe mit Paul Friedländer. Er wuchs bei seinen Großeltern in Wien auf, bevor er 1929 zu Fischer und Maslow nach Berlin zog. Am 9. März 1933 wurde er von der SA verhaftet und mehrere Tage in einem improvisierten Konzentrationslager an der Friedrichstraße 234 eingesperrt und verhört. Nach einigen Wochen konnte er nach Wien fliehen. Er studierte in England, wo er seinen Namen als F.G. Friedlander anglisierte. Er wurde Mathematikprofessor, hatte vier Kinder und verstarb 2001.