
Die Ausstellung „Už nikdy! Niemals wieder“ im Rathaus Neukölln erinnert an das Ende des Zweiten Weltkriegs und das Leid unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft. Sie entstand als tschechisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt mit 20 Tafeln, die Orte des Widerstands und der Erinnerung in Berlin und Tschechien dokumentieren. Der Anlass: 80 Jahre Kriegsende – eine Mahnung gegen Diktatur, Krieg und das Vergessen. Initiiert wurde das Projekt von den „Freunden Neuköllns“ und dem Verein KoMed in Zusammenarbeit mit Neuköllns Partnergemeinden in Prag 5 und Ústí nad Orlicí. Inspiriert wurde die Ausstellung von einem Foto mit Kirchenglocken vor der Kulisse von Prag. Die Glocken wurden nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Deutschen im „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“ im Laufe der Jahre abgehängt, um sie für Kanonen einzuschmelzen, berichtete Bertil Wewer, Vorsitzender der Freunde Neuköllns, zur Ausstellungseröffnung. Zugegen waren auch unsere Fraktionsvorsitzende Cordula Klein, ihre Stellvertreterin Gabriela Gebhardt mit ihrer Mentee Nora Sturm sowie unsere ehemalige Stadträtin für Bildung, Kultur und Sport, Karin Korte.
Mit der Ausstellung werden vor allem Orte aus der Nachbarschaft aufgezeigt, an denen man im Alltag vorbeigeht und die doch an das Leid und Elend von Diktatur und Krieg erinnern. Für Neukölln wurden unter anderem das ehemalige Frauen-KZ in der Sonnenallee, das „Friedhofslager“ der Kirchen an der Hermannstraße, das an Zwangsarbeit erinnert, und die Frauenklinik im Mariendorfer Weg ausgewählt. Dort wurde Hebammenschülerinnen Rassenhygiene beigebracht, und sie wurden angehalten, missgebildete Kinder zu melden, die schließlich der Euthanasie zum Opfer fielen.
Auf den Tafeln für Prag 5 steht der Widerstand gegen die deutsche Besatzung im Fokus – exemplarisch erzählt am Schicksal der Pharmaziestudentin Libuše Nachtmannová, die im KZ Ravensbrück überlebte. Auch persönliche Geschichten wie die der jüdischen Überlebenden Eva Dobšíková werden erzählt. Die damals Siebenjährige überlebte versteckt bei einem Postmeister – immer mit dem Blick auf ein Glas Gift, das zum Symbol der ständigen Bedrohung wurde. Das Gift sollte sie nehmen, falls die Mutter von der Gestapo verhaftet wird. Von 118.000 Juden im „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“ überlebten nur 30.000, 69.000 wurden ermordet.
Mit der Ausstellung dokumentiert wird auch der vielfältige Widerstand von Menschen aus Ústí nad Orlicí, der Einmarsch der Roten Armee in den Ort und die Vertreibung eines Teils der Deutschen, die am 12. Juli 1945 begann und bis 1956 andauerte.
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des tschechischen Botschafters Jiří Čistecký und Bezirksbürgermeister Martin Hikel. Zur Ausstellungseröffnung am 7. Mai erschienen der Gesandte-Botschaftsrat Petr Kubera als stellvertretender Botschafter und die Erste Botschaftssekretärin für Kultur, Presse, Bildung und Innenpolitik, Lydie Holinková, von der tschechischen Botschaft. Aus den Neuköllner Partnergemeinden in der Tschechischen Republik kam aus Prag 5 der neue Bürgermeister Lukáš Herold. Auch Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung aus Ústí nad Orlicí sowie eine Delegation der Rixdorfer Freunde aus Horní Čermná nahmen an der feierlichen Eröffnung teil.
„In der Verantwortung vor unserer Geschichte setzt die Ausstellung ein wichtiges Zeichen gegen Krieg und Gewaltherrschaft“, sagte Hikel zur Ausstellungseröffnung. Die Einschmelzung von Glocken „für todbringende Kanonen“ ist für Hikel „ein Wahnsinn“. Für Bürgermeister Herold ist die Ausstellung Teil der gemeinsamen Bemühungen zur Stärkung des transgenerationalen und grenzüberschreitenden Dialogs, der heutzutage besonders wichtig sei. „Heute, da die Welt erneut mit den Herausforderungen der Intoleranz und Polarisierung konfrontiert ist, müssen wir daran erinnern, zu welchem Ausmaß die Vernachlässigung von Menschlichkeit und Demokratie führen kann“, betont Petr Hájek, Bürgermeister von Ústí nad Orlicí, in seinem Grußwort zur Ausstellung. Er konnte aus wichtigen Termingründen nicht zur Eröffnung nach Neukölln kommen. Die Ausstellung leistet einen wertvollen Beitrag für die Deutsch-Tschechische Verständigung. „Sie ist sehr sehenswert und hat mich tief beeindruckt. Insbesondere auch das Bild von der KZ Außenstelle Sachsenhausen in der Sonnenallee. Geschichte muss lebendig und anschaulich bleiben, sonst vergisst man schnell, was einmal war“, meint unsere Fraktionsvorsitzende Klein.
Die Ausstellung ist noch bis zum 4. Juni 2025 im Rathaus Neukölln zu sehen.
Öffnungszeiten: Mo–Fr, 8–18 Uhr (an Feiertagen geschlossen). Eintritt frei.