Die Stadtteilbibliothek in Britz trägt seit dem 2. September 2020 den Namen von Margarete Kubicka (1891-1984). Kubicka war Lehrerin, Künstlerin und Demokratin. Sowohl in den Kunstkämpfen ihrer Zeit, als auch in täglichen Auseinandersetzungen ist sie für ihr humanistisches Weltbild eingestanden. An der feierlichen Ehrung durch Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) nahmen auch die Schwiegertochter von Kubicka, Petra Kubicki, die Vorsitzende der SPD Fraktion Neukölln Cordula Klein sowie die SPD Bezirksverordneten Wolfgang Hecht und Marina Reichenbach, Kultursenator Klaus Lederer teil. Ferner die Leiterin der Bibliotheken Dr. Ida Bentele, Neukölln Museumsleiter Udo Gößwald und Jürgen Schulte von der Initiative Hufeisern gegen rechts.
Die Namensgebung der Bibliothek Britz erfolgte aufgrund eines von der SPD forcierten Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung. „Ich freue mich sehr darüber, dass die beiden Bürgerinitiativen „Frauennetzwerk in Neukölln“ und „Hufeisern gegen rechts“ die Politik überzeugen konnten, diesen Beschluss zu fassen“, würdigte Karin Korte, Stadträtin für Bildung, Schule , Kultur und Sport in ihre Rede vor Ort die Initiative. Für sie „war es von Anfang an klar, dass dieses Vorhaben unbedingt umgesetzt werden musste. Bibliotheken sind wichtige öffentliche Orte, an denen sich viele Menschen treffen und somit hervorragend geeignet, an verdiente Neuköllnerinnen zu erinnern“, so Korte.
Mit der Namensgebung „Margarete Kubicka Bibliothek“ ehrt der Bezirk Neukölln eine mutige Britzer Bürgerin. Kubicka ist führendes Mitglied der 1917 in Posen (Poznan) gegründeten deutsch-polnischen expressionistischen Künstlergruppe BUNT („Revolte“). Außerdem ist sie Gründungsmitglied der Künstlergemeinschaft die „Kommune“, wo sie mit anderen die Internationale Ausstellung revolutionärer Künstler organisiert. 1927 zieht sie mit ihrer Familie in die Hufeisensiedlung nach Britz. Ihr Haus in der Onkel-Bräsig-Straße wurde in der Zeit des Nationalsozialismus mehrfach von SA-Männern durchsucht. Trotz des hohen Risikos versorgte sie polnische Zwangsarbeiter mit Informationen und Lebensmitteln, versteckte von den Nationalsozialisten verbotene Schriften und als „entartete Kunst“ bezichtigte Werke. Als Mitglied mehrerer Künstlergruppen gründete sie unter anderem den „Britzer Kreis“. Kubickas Werke spiegeln nicht nur zeitgeschichtliche Themen wider, die für sie persönlich von Bedeutung waren, sondern zeigen auch menschliches Werden, Denken und Handeln. Ihre Bilder wurden in nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt.
Zu den Freunden von Kubicka zählen unter anderem der Maler Heinrich Vogeler, der Dadaist Raoul Hausmann und der Dichter und Anarchist Erich Mühsam, der in der Nähe der Kubickis, in der Dorchläuchtingstraße 48 wohnt. Mit Mühsam wird offenbar, wie gefährlich es für die Kubickis und ihre Freunde wurde, denn bereits am 10. Juli 1934 wird Mühsam Opfer des NS-Terror-Regimes, die SS richtet ihn im KZ-Oranienburg hin. Während Stanisław Kubickis Frau Margarete ihren Mann im Widerstand gegen das Naziregime in Polen finanziell unterstützt und als Zeichenlehrerin arbeitet, wird sie immer mehr unter Druck von den NS-Behörden gesetzt, sich von ihm scheiden zu lassen. Da er sich weigert, nach Deutschland zurückzukehren, stimmt Margarete Kubicka 1937 schließlich der Ehescheidung rein formell zu, aber ohne je den Kontakt zu ihrem geliebten Ehemann zu verlieren. 1941 wird ihr Mann, während er in Warschau der Beerdigung seines Maler-Freundes und ehemaligen BUNT-Mitgliedes, Jerzy Hulewicz, beiwohnt, durch die Gestapo festgenommen. Er fällt der Gestapo auf, weil er einen deutschen Pass bei sich trägt. Er wird nach Warschau in das berüchtigte Pawiak-Gefängnis deportiert, wo er 1943 ermordet wird.
Magarete Kubicka ist fortan mit ihrem Sohn Karol alleine. Sie arbeitet ab 1945 als Schulrätin in Britz, Buckow und Rudow, lehrt ab Mai 1945 am Luise Henriette-Lyzeum in Tempelhof, setzt nach ihrer Pensionierung im Jahr 1956 ihre künstlerische Arbeit fort und stirbt 1984 in Berlin.