Abendland vor dem Untergang? Deutschland zwischen Ängsten, Mythen und neuen Realitäten

Wie sieht es eigentlich mit der Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen in Deutschland aus? Was ist „deutsch“? Und ist das Abendland in Gefahr, wie die Pegidabewegung behauptet? Antworten auf diese Fragen gaben nun Expert/innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Eingeladen hatten mehrere „Arbeitsgemeinschaften Migration und Vielfalt“ in der SPD Berlin.

Abendland vor dem Untergang? Mythos oder doch Realität? Diese und weitere Fragen wurden auf der Veranstaltung, die unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Migration Neukölln organisierte, diskutiert. Neben dem stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Ralf Stegner waren auch die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland Selmin Caliskan und die stellvertretende Direktorin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung Naika Foroutan als Referent/innen eingeladen.

Einen ausführlichen Veranstaltungsbericht finden Sie unter

Flüchtlingspolitik: Deutschland könnte mehr tun

Die Podiumsdiskussion begann mit dem Thema Flüchtlingspolitik: Selmin Caliskan machte deutlich, dass die an Syrien angrenzenden Länder wie die Türkei, Jordanien und dem Libanon deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen würden als Deutschland. Dabei sei die Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen hierzulande sehr groß. Deshalb müsse die Politik die Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung berücksichtigen und mehr Verantwortung übernehmen.

Was ist deutsch?

Die Wissenschaftlerin Naika Foroutan beschrieb im Anschluss an Caliskans Ausführungen ihre Studie „Deutschland postmigrantisch I – Gesellschaft, Religion, Identität“. Sie erklärte, dass sich Narrationen von Deutschsein in den letzten Jahren geändert hätten. Während noch in der 1990er Jahren jemand als Deutscher galt, der deutsche Vorfahren gehabt habe, würde es sich nunmehr weitestgehend anders verhalten: Viele der Befragten aus der Studie würden nun antworten, dass die deutsche Staatsbürgerschaft und ein akzentfreies Deutsch Hauptbestandteile für das „Deutschschein“ seien.

Neues Einwanderungsgesetz?

Ralf Stegner ging sowohl auf die Flüchtlingspolitik als auch auf die Diskussion um das „Deutschsein“ ein. Dabei forderte er, dass es eine faire Lastenteilung in der EU geben solle und alle EU-Staaten Flüchtlinge aufnehmen müssten. Mit Blick auf die Debatte um das Einwanderungsgesetz erklärt er, dass er grundsätzlich nichts gegen solch ein Gesetz habe, soweit es nicht das Asylrecht aushöhle und nur nach wirtschaftlichem Kalkül die Einwanderung reguliere.

Am Abschluss der Veranstaltung gab es reichlich Zeit für zahlreiche Rückfragen, die die etwa 60 Teilnehmer/innen gerne wahrnahmen. Ein dominierendes Thema war dabei der Umgang der SPD mit Pegida, den Foroutan scharf kritisierte. Stegner zeigte dafür Verständnis, machte aber deutlich, dass die SPD in der Integrations- und Migrationspolitik mehr mache als andere Parteien.