Wiederbeisetzung der Gebeine von Johann Liberda in Rixdorf zum 275. Todestag

Wiederbeisetzung der Gebeine von Johann Liberda in Rixdorf zum 275. Todestag 1
v.li. Henning Vierck, Beate Motel und SPD Mann Peter Scharmberg am Grab von Liberda

Der Hussiten-Kelch im Wappen Neuköllns erinnert als Symbol an die eingewanderten Böhmen. Einer von ihnen war der böhmische Seelsorger Johann Liberda (1700-1742), seine Gebeine wurden auf dem Böhmischen Gottesacker wiederbeigesetzt.  An der Beisetzung  im Beisein des tschechischen Botschafters Tomáš Jan Podivínsk nahm auch der SPD Bezirksverordnete Peter Scharmberg teil.

Es war Johann Liberda,  der am 31. August 1732 anlässlich einer Audienz bei König Friedrich Wilhelm I. die Ansiedlung von böhmischen Exulanten in Berlin erreichte. Der Preußenkönig gewährte bereits anderen aus Glaubensgründen Verfolgten Zuflucht und sicherte ihnen Glaubensfreiheit zu. Nun versprach er dies den böhmischen Glaubensflüchtlingen.  Sie durften mit über 1000 Exulanten in Berlin und Rixdorf auf dem vom König gekauften Schulzengut Rixdorf siedeln. Schließlich brauchte Preußen Arbeitskräfte, durch den 30jährigen Krieg war es entvölkert. Zunächst wurden in unmittelbarer Nähe von Rixdorf neun Doppelhäuser für je zwei Familien und die dazugehörenden Scheunen errichtet. 18 ausgewählte Familien mit ihren „Einliegern” erhielten zusätzlich je zwei Pferde, zwei Kühe und Ackergerät. Damit bildeten sie den Kern des „Böhmischen Dorfes” in Rixdorf.  Sie waren Mitglieder der evangelisch orientierten „Böhmischen Brüder“. Diese hatten ihre Wurzeln in der evangelischen Glaubensbewegung der Hussiten, waren also Anhänger der Lehre des Reformators Jan Hus (1370-1715). Von daher sahen sie sich mit der großen Erweckungsbewegung und der Wiederbelebung der alten böhmischen Brüderkirche zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Böhmen einer erstarkten Verfolgung durch die herrschenden katholisch orientierten Habsburger ausgesetzt. Zunächst flohen die Böhmen nach Sachsen. Aber auch da waren sie nicht willkommen.

Nachdem Liberda am 1. November 1732 in Sachsen verhaftet und dort ins Zuchthaus Waldheim gebracht wurde, gelang ihm am 13. August 1737 die Flucht. Am 14. Oktober desselben Jahres wurde er als böhmischer Prediger in Berlin bestätigt. Zum 26. Mai 1739 gelang ihm ein Durchbruch.  Mit der Erlaubnis des Brotbrechens zum Abendmahl durch den preußischen König implementierte er das Menschenrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Preußen. „Das war die politische Anerkennung von Hussiten als Religionsgemeinschaft, als Böhmische Brüdergemeinde“,  betonte  Henning Vierck, Geschäftsführer des Comenius-Gartens im Böhmischen Dorf.

An die Bedeutung der böhmischen Einwanderer erinnert der Hussitenkelch im Wappen von Rixdorf, das  1899 zur Stadt wurde.  Heute ist der Hussitenkelch Bestandteil des Neuköllner Wappens. Gepflegt wird das historische Erbe der Böhmen in Rixdorf durch Nachfahren der ersten Siedler, so durch die Familie Motel. Manfred Motel war bis zu seinem Tode im Jahre 2016 Vorsitzender des Förderkreises Böhmisches Dorf. Ihm wurden die Gebeine Liberdas übergeben, nachdem sie bei archäologischen Grabungsarbeiten am 19. April 1994 in Berlin Mitte identifiziert wurden – laut Totenbuch der Böhmisch-lutherischen Gemeinde wurde Liberda unter dem Altar der Bethlehemskirche in Mitte beigesetzt. Mit der Beisetzung Liberdas im Beisein von Beate Motel, der Witwe von Manfred Motel, wurde eine Gedenktafel zu Liberdas Ehren enthüllt.