Widerstand gegen Rechtsextremismus ist unvermindert – Gedenktafel an Zwangsarbeiterlager in der Hufeisensiedlung wurde erneuert

Widerstand gegen Rechtsextremismus ist unvermindert - Gedenktafel an Zwangsarbeiterlager in der Hufeisensiedlung wurde erneuert 1
Enthüllten gemeinsam die neu aufgestellte Tafel mit: Michael Morsbach, Peter Scharmberg, Cindy Adjei, Gabriela Gebhardt und Wolfgang Hecht (v.li.)

Nachdem wahrscheinlich Mitglieder der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Neonazipartei der III. Weg die Gedenktafel an ein Zwangsarbeiterlager in der Onkel Bräsig Straße 2-4 und 12 am Abend des 09. Februar entwendet hatten, startete die Initiative Hufeisern gegen Rechts einen Spendenaufruf, der auf sehr große Resonanz stieß. Mitglieder der rechtsextremen Partei der III. Weg waren in den Wochen zuvor in der Hufeisen- und Krugpfuhlsiedlung wahrgenommen worden, wie sie Flugblätter in Briefkästen verteilten und die Gegend mit Nazi-Aufkleber verschandelten. Aufgrund der durchweg positiven Resonanz auf den Spendenaufruf konnte am 09. März die Gedenktafel erneuert werden. An der erneuten Anbringung der Gedenktafel nahmen unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender Peter Scharmberg, unsere Fraktionärinnen Gabriela Gebhardt und Cindy Adjei, unser Bezirksverordneter Wolfgang Hecht undunser Bürgerdeputierter Michael Morsbach teil. Auch unsere Kreisvorsitzende Mirjam Blumenthal nahm am Gedenken teil. Unsere Stadträtin für Bildung, Schule, Kultur und Sport, Karin Korte, war als Rednerin geladen, musste aber kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen absagen.

Die Gedenktafel erinnert an ein Zwangsarbeiterlager auf dem Gelände Onkel-Bräsig-Straße 2-4 und 12, in dem ab Ende 1941 bis zum April 1945 achtzehn sowjetische und polnische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter unter menschenunwürdigen Verhältnissen untergebracht waren. Roland Borchers vom „Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit“ machte in seiner Rede klar, dass es 3000 Zwangsarbeiterlager mit einer halben Million Zwangsarbeiter allein in Berlin gegeben hat. „Jeder Deutsche wusste davon, jeder Deutsche begegneten ihnen im Alltag, und sehr viele Menschen haben von dieser Ausbeutung profitiert“, so Borchers. „Gerade Menschen aus Polen und aus der Sowjetunion, also wie hier im Lager, waren besonders betroffen, wegen des „Rassenwahns“ der Nazis: Sie mussten ein Abzeichen auf der Brust tragen, damit sie auf Schritt und Tritt erkennbar waren. Sie erhielten wenig und schlechte Nahrung, durften nicht in die deutschen Luftschutzkeller, aber auch nicht in die Kirche, ins Kino oder mit der Bahn in die Stadt fahren. Sie waren nur zum Arbeiten da, sonst durften sie nichts“, so Borchers. Die Erinnerung an die deutschen Verbrechen während des Krieges sei von jeher von der Gesellschaft ausgegangen, und das gelte insbesondere für das Thema Zwangsarbeit. In diesem Sinn dankte auch er der Hufeiseninitiative für ihr Engagement und dafür, dass sie „sich nicht unterkriegen lässt“. Es gab auch gute und mutige Menschen in der Hufeisensiedlung. Menschen wie die Namensgeberin der Britzer Stadteilbibliothek Margarete Kubicka, wie der Arzt Dr. Kuhr oder die Krankenschwester Ilse Seifert“.  Mit Lebensmitteln, Kleidung oder medizinischem Material haben sie den Menschen das Notwendigste zum Überleben heimlich zukommen lassen. „Sie haben sie an den arbeitsfreien Sonntagen unter dem Vorwand, sie für Gartenarbeiten zu beschäftigen, aus ihrer fast totalen Isolation mindestens für einige Stunden befreit, sie zu Tisch gebeten und mit ihnen Gespräche geführt.  Und an diesen Teil der Geschichte möchten wir anknüpfen, ohne den anderen Teil, den menschenunwürdigen zu vergessen.“

In ihrer Rede zum Gedenken an das Zwangsarbeiterlager in der Onkel-Bräsig-Straße wies unsere Bezirksstadträtin Karin Korte im April vergangenen Jahr darauf hin, dass es mehr brauche, als das institutionelle Erinnern. Das Erinnern und Gedenken im Sinne des kulturellen Gedächtnisses bedürfe einer bestimmten inneren Haltung, es bedürfe eines Verantwortungsgefühls, das auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Um eine lebendige und von der Bürgerschaft getragene Erinnerungskultur zu entwickeln, brauche es der engagierten Bürgerschaft selbst, wie sie hier mit der Initiative Hufeisern gegen Rechts sichtbar ist. An der zweiten Enthüllung der Gedenktafel nahmen wieder mehr als 100 Menschen teil, auch diesmal war die Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Bahar Haghanipour, vor Ort.

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