Am Mittwochabend diskutierten Gesche Joost, im Kompetenzteam von Peer Steinbrück für Vernetzte Gesellschaft und Netzpolitik, Yannick Haan (Sprecher des Forums Netzpolitik der SPD Berlin) und Tilo Jung (Youtube-Journalist von „Jung & Naiv“) über den NSA-Skandal, PRISM und Konsequenzen aus der Abhöraffäre für eine gute Netzpolitik.
Der Neuköllner SPD-Bundestagskandidat Dr. Fritz Felgentreu lud zur Veranstaltung ein und eröffnete sie im sehr gut besuchten „Agora Collective“ mit den Worten: „Danke auch an den Mann, ohne den wir heute nicht hier sein würden – Edward Snowden“. Gesche Joost schloss sich meinem Dank an und sagte, dass Snowden den Vorhang weg gezogen und die ganze Tragweite der US-amerikanischen wie britischen Überwachung aufgedeckt hat. Ein sehr gelungener Abend mit fabelhaftem Publikum und konstruktiven Diskussionen.
Im Hauptgang entwickelte sich eine lebhafte Diskussion auf dem Podium und mit dem Publikum über die drängenden Fragen zu amerikanischer Überwachung rund um PRISM und den neuesten Guardian-Enthüllungen zum XKeyscore-Programm der NSA. Auch die beiden jungen Köpfe der Gesprächsrunde, Tilo Jung und Yannick Haan, hatten einiges zu dieser Debatte und der Frage „Warum regt das niemanden auf?“ beizutragen. Jung meinte, „die Bevölkerung muss kapieren, dass die Überwachung, die gerade passiert, schlimmer als die Stasi ist, dann wären sie auf der Straße“, sagte er. Er forderte radikale Konsequenzen wie die Abschaffung der Geheimdienste, die Schaffung einer „digitalen Gauck-Behörde“ und eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen.
Zum weiteren Thema der Veranstaltung wurde die Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Deutschland, deren Vergleichbarkeit mit der amerikanischen Überwachung und die Positionierung der SPD zur VDS. Yannick Haan, erklärter Gegner der VDS in der SPD, hofft auf Gesche Joosts Wirken in der SPD und setzt darauf, NSA und PRISM als Wendepunkt in der kontrovers geführten Debatte innerhalb der SPD zu sehen.
Gesche Joost will den Weg über Europa suchen: „Wir brauchen Einigkeit auf europäischer Ebene, was Privatsphäre bedeutet“. Joost wehrte sich dagegen XKeyscore/PRISM mit VDS gleichzusetzen und plädierte dafür die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einzuhalten, da sonst Strafzahlungen drohen. Sie will aber für Bewegung in der SPD sorgen und die betreffende EU-Richtlinie kippen und dies schon im 100-Tage-Programm verankert sehen.
Einig war sich die Runde hingegen in der Bewertung des Umgangs der Bundesregierung mit dem NSA-Skandal. Tilo Jung bezeichnete ihn als „Kapitulationserklärung“ und Gesche Joost kritisierte die völlige Inkompetenz und Unwissenheit der Unionspolitiker/innen. Friedrichs Reise in die USA war blanker Hohn und er müsse abgelöst werden, da er die Deutschen nicht vor amerikanischer Überwachung schütze.
Gesche Joost zog Konsequenzen aus dem Skandal und forderte ein sofortiges Ende der amerikanischen Total-Überwachung Deutschlands sowie eine gemeinsame europäische Datenschutzstrategie. Auch ich will einen effektiven Schutz der Privatsphäre: „Wir brauchen eine Regierung, die das Postgeheimnis durchsetzen kann – und will!“
Presseüberblick:
- 08. August 2013: Netzpolitik.org
SPD-Veranstaltung #reclaimyourdata: Konsequenzen aus dem NSA-Skandal und Impulse für eine gute Netzpolitik - 03. August 2013: FACETTEN-Magazin Neukölln
Schlimmer als die Stasi - 01. August 2013: Carta
Die SPD und die Netzpolitik: Vor der Kür kommt die Pflicht - 01. August 2013: Vorwärts
Warum regt das niemanden auf?
Falls Sie verhindert waren, können Sie sich hier die ganze Veranstaltung angucken.