
Unser Bezirksbürgermeister Martin Hikel hat am 14. Juli auf dem Rathausvorplatz die Progress-Pride Flagge gehisst, um ein Zeichen für die Wertschätzung von Vielfalt und gegen Queerfeindlichkeit zu setzen. Anlass für die Beflaggung ist der jährlich stattfindende Pride Month, ein Monat für Sichtbarkeit, Vielfalt und gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit mit zahlreichen, in der Zeit vom 27. Juni bis 27. Juli 2025 stattfindenden Veranstaltungen. Der Berliner Pride Month endet traditionell mit dem Christopher-Street-Day am letzten Samstag im Monat. An der Flaggenhissung nahmen auch unsere Bezirksverordnete Gabriela Gebhardt, unser Bürgerdeputierter sowie unser stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft SPDqueer Neukölln, Andreas Domann, der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln, Karsten Schulze, sowie etliche Mitarbeiter des Bezirksamtes teil.
Wie wichtig es ist, mit einer Flaggenhissung ein Zeichen zu setzen, zeigt auch ein Blick auf die Kriminalstatistik. Laut Bundeskriminalamt und Bundesinnenministerium wurden allein für das Jahr 2023 1.765 Fälle im Bereich „sexuelle Orientierung“ und 1.152 Fälle im Bereich „geschlechtsbezogene Diversität“ gemeldet. Das entspricht einem Anstieg von Vorfällen gegen lesbische, schwule, bisexuelle und queere Menschen um etwa 18 %. Angriffe gegen trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen nahmen gegenüber dem Vorjahr um etwa 35 % zu, wobei beide Phänomenbereiche auch Überschneidungen aufweisen können. Von 2013 bis 2023 nahm die Zahl der Gewalttaten kontinuierlich zu. 2013 waren es noch 240, 2023 sind es 1.225 Fälle mehr. Ein noch tristeres Bild ergibt sich, wenn man bedenkt, dass rund 80 bis 90 Prozent dieser Gewalttaten im Dunkelfeld liegen. Das schätzte Sebastian Stipp, eine von zwei Ansprechpersonen der Berliner Polizei für queere Menschen, als er noch im Amt war, so der LSVD⁺, Verband Queere Vielfalt. Viele Fälle werden erst gar nicht bei der Polizei angezeigt, andere Fälle fließen in die polizeiliche Statistik nicht als Hasskriminalität ein, sondern werden als Allgemeinkriminalität eingeordnet, so etwa als Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung etc.

Unser Bezirksbürgermeister wies in seiner Rede darauf hin, dass unser weltoffenes und tolerantes Neukölln als Teil der „Regenbogenhauptstadt Berlin“ immer mehr queere Orte hat, „weil wir Räume öffnen für ein vielfältiges Miteinander“. Hier könne queeres Leben sichtbar stattfinden, jedoch steige auch die Anzahl der Übergriffe auf diese queeren Orte. Deshalb werde die Flagge gehisst, um zu zeigen, dass Neukölln ein Ort ist, an dem alle Menschen willkommen sind – unabhängig davon, woher sie kommen oder welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen. Das Hissen der Pride-Fahne sei daher keine Frage der Neutralität, sondern eine Selbstverständlichkeit, die auch durch das Grundgesetz gestützt werde, so Hikel. In seiner Rede ließ er nicht unerwähnt, dass es eine Schieflage in der Diskussion um die Hissung der Flagge gibt und die Flagge „unter dem Deckmantel der Neutralität“ an Gebäuden in der Stadt am Christopher Street Day (27. Juli) nicht gehisst wird. Damit spielte er, ohne einen Namen zu nennen, auf die diesjährige von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) verordnete neue Praxis hin, die Flagge zum Christopher Street Day nicht auf dem Reichstagsgebäude zu hissen.
Hierzu erklärt unser Co-Bundesvorsitzender der SPDqueer, Oliver Strotzer: „Die Entscheidung Klöckners irritiert. Nicht einmal zwei Monate im Amt, nimmt sie eine für die queere Community bedeutsame Entscheidung zurück, anlässlich des CSD die Regenbogenflagge auf dem Reichstag zu hissen. Als Spiegel ihrer persönlichen Haltung und auch der Richtung, in der sich die Union positionieren wird, lässt uns das mit Sorge auf die Zukunft blicken.“ Auch für die stellvertretende Bundesvorsitzende der SPDqueer ist Klöckners Vorgehen ein fatales Signal. „Gerade in der heutigen Zeit, in der CSDs an vielen Orten Deutschlands nur unter massivem Polizeischutz sicher durchgeführt werden können und Teilnehmende von Rechten und Konservativen bedroht und beleidigt werden, ist die Solidarität von Politik und Verfassungsorganen umso wichtiger. Klöckner hat sich gegen diese Solidarität entschieden – das ist enttäuschend!“
Florian Winkler-Schwarz, Vorsitzender des LSVD Berlin, sowie Thomas Schwarz, dort zuständig für den Bereich Bildung und Jugend, jedenfalls freuten sich, dass Neukölln Flagge zeigt und weiterhin ein sichtbares Zeichen setzt und der Bezirk Neukölln jetzt mit Carl Chung einen Antisemitismus- und Queerbeauftragten hat. Unser Bürgerdeputierter Domann sieht das auch so und betont, dass es für queere Menschen in Zeiten vermehrter Anfeindungen gegen sie wichtig ist, zu wissen, dass ihr Recht auf geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung unantastbar ist – „dafür wird die Flagge gehisst, dafür steht die SPD“, so Domann.

