Heute vor 82 Jahren, am 9. November 1938, brannten Nazis nicht nur Synagogen nieder. Sie zerstörten jüdische Gemeindehäuser und Friedhöfe, Geschäfte und Wohnungen von Jüdinnen und Juden in der ganzen Stadt. Allein in dieser Nacht wurden 400 Jüdinnen und Juden in Berlin ermordet, viele andere gefoltert, verschleppt und inhaftiert.
Diese Angriffe konzentrierten sich nicht nur auf große und bekannte Synagogen und Orte des jüdischen Lebens, sondern trafen auch kleinere, unbekanntere, wie etwa in der Isarstraße in Neukölln. Die 1907 dort eingeweihte Synagoge im Hinterhof war Anlaufstelle für weit mehr als 3.000 Jüdinnen und Juden Neuköllns. Seit 82 Jahren existiert an dieser Stelle keine Synagoge mehr.
Die Zerstörung der Geschäfte von jüdischen Inhaber*innen, die Verfolgung und Ermordung in den 12 Jahren nationalsozialistischer Diktatur in Deutschland mahnen uns, welche Verantwortung uns allen heute zufällt. Was 1938 geschehen konnte, das kann auch im Jahr 2020 geschehen. Das ist keine Floskel, die in den Geschichtsunterricht gehört. Das ist eine Aussage, die die Realität widerspiegelt. Die hohe und weiter steigende Zahl antisemitischer Übergriffe, eine Serie rechten Terrors bei uns in Neukölln, die Brandanschläge auf das Haus der Falken Neukölln im Jahr 2011, Übergriffe auf Demokrat*innen, die sich gegen Rechts und gegen Antisemitismus engagieren. All das ist heute Realität in Neukölln, in Berlin und im ganzen Land. Anstatt zu glauben, dass es selbstverständlich wäre, müssen wir dafür kämpfen, dass jede*r ohne Angst leben kann. Die Empörung darüber darf nicht nur kurz nach einem Anschlag oder einem Angriff Wellen schlagen. Die Empörung muss sich als Sensibilität in der Gesellschaft verankern und daraus muss Bewusstsein und Handeln erwachsen. Jeden Tag gegen Antisemitismus, gegen rechte Hetze – für Demokratie und Freiheit.