Neutralität versus Religionsfreiheit? – Wieso das Neutralitätsgesetz des Staates die Glaubensfreiheit erst ermöglicht

Wenn sich eine Stadt als interkulturelle Großstadt bezeichnen darf, dann Neukölln. In Neukölln leben 330.000 Menschen aus 150 verschiedenen Ländern mit den unterschiedlichsten kulturellen und religiösen Hintergründen. Einwanderung ist seit Jahrhunderten ein Teil der Neuköllner DNA. Schon immer hat Neukölln von den neuen Kulturen, Ideen und Sichtweisen seiner alten und neuen Bürgerinnen und Bürger profitiert. Und für den sozialen Frieden im Bezirk ist eine Grundbedingung, dass Religion in Neukölln frei ausgeübt werden kann. Das setzt aber einen Staat voraus, der beides gewährleistet: Die Ausübung der Religionsfreiheit UND die absolute Neutralität staatlichen Handelns. Denn die staatliche Neutralität ist die Voraussetzung dafür, die freie Religionsausübung erst zu garantieren.


Als SPD Fraktion Neukölln stehen wir für die Gestaltung eines friedlichen Zusammenlebens in unserem interkulturellen Bezirk in der Mitte Europas. Die Trennung von Religion und Staat und das Bekenntnis zu Individualität, Menschenrechten, Pluralismus und Demokratie sind unerschütterliche Grundfesten unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens.
Religion war selten frei von Konflikten, und auch heute werden bisweilen Menschenrechte wie die Gleichheit der Geschlechter oder auch die freie Religionsausübung durch fadenscheinigen Populismus in Frage gestellt. Auch unter jungen Menschen beobachten wir in Teilen eine zunehmend unkritische Identifikation mit traditionellen religiösen Praktiken. Wo aber dennoch 330.000 Menschen mit unterschiedlichsten Weltanschauungen weitgehend friedlich zusammenleben, kann nicht alles falsch sein. Die Neutralität des Staates, dessen Grundlage die Menschenrechte und das Grundgesetz sind, ist der Garant für dieses friedliche Zusammenleben. Jedwede Vereinnahmung stellt den sozialen Frieden in Frage.

Bezirksbürgermeister Martin Hikel machte in der Diskussion nochmal deutlich, wieso wir hoffen, dass das Neutralitätsgesetz sprichwörtlich Schule macht und auf Bundesebene ausgeweitet wird: „Gerade als ehemaliger Lehrer weiß ich, wie wichtig es ist neutral aufzutreten. Nur so, durch die strikte Trennung von Staat und Religion, haben wir die Chance, dass unsere Schülerinnen und Schüler in einem neutralen Umfeld lernen und sich entwickeln können“.