Gedenkveranstaltung für Erich Schulz – 100 Jahre nach seiner Ermordung

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Der SPD- Vizefraktionsvorsitzende Peter Scharmberg (li.) und der Vorsitzende des Reichsbaners, Dr. Fritz Felgentreu am Grab von Erich Schulz

Der Verein Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten, gedachte am 25. April auf dem Friedhof Columbiadamm der Ermordung von Erich Schulz vor 100 Jahren. Nach Begrüßungsreden des Leiters der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Prof. Dr. Johannes Tuchel, sowie von Dr. Fritz Felgentreu, Vorsitzender des Reichsbanners, hielt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in der Friedhofskapelle eine bewegende Ansprache vor rund 100 Besucher*innen. Anschließend begaben sich die Teilnehmenden zum Grab von Erich Schulz. In Anwesenheit von Ehrenposten des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung, wurden Kränze und Blumen niedergelegt. Danach ertönte das Lied „Der gute Kamerad“, gespielt von einem Trompeter des Stabsmusikkorps der Bundeswehr. Am Nachmittag desselben Tages wurde am Ort des Wohnhauses von Erich Schulz, dort, wo heute das Deutsche Technikmuseum steht, eine Gedenktafel für ihn enthüllt.

Zu den Gästen der Gedenkveranstaltung auf dem Garnisonfriedhof zählten auch ranghohe Bundeswehroffiziere, Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, unser Staatssekretär für Inneres beim Berliner Senat, Christian Hochgrebe, unsere Bezirksverordneten Peter Scharmberg und Wolfgang Hecht sowie unsere Bürgerdeputierte Hannelore Gascho.

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„Die Bundesrepublik ist nicht Weimar. Sie verfügt über starke Institutionen. Ihr Gewaltmonopol wird nicht infrage gestellt. Aber in Sicherheit wiegen dürfen wir uns deshalb noch lange nicht. Auch heute versuchen innere und äußere Feinde, die Demokratie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und ihre Institutionen für sich zu nutzen, um sie auszuhöhlen“, sagte Dr. Felgentreu. Es sei ein grotesker Etikettenschwindel, wenn sich die geistigen Erben der Deutschnationalen und Nationalsozialisten heute der Farben Schwarz-Rot-Gold bemächtigen wollten: „Wir werden die schwarz-rot-goldene Trikolore der deutschen Republik niemals dem Rechtsextremismus preisgeben, der sie vor hundert Jahren noch so erbittert bekämpfte!“ so Felgentreu weiter. Mit dem Gedenken an Erich Schulz gedenke man, „um uns der Vorbilder und der Werte zu vergewissern, die uns in unserem Tun und Denken heute motivieren und zusammenhalten – als Bürgerinnen und Bürger unserer großartigen Republik. Es ist ein Privileg, dass wir in Frieden und Wohlstand in einem freien Deutschland leben dürfen! Das ist es, was Erich Schulz sich gewünscht hat – und wofür er gestorben ist. Erleben durfte er es nicht“, so Felgentreu.

Schon vor 1933 fielen über 50 Angehörige des 1924 gegründeten, stets unbewaffneten Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold dem rechtsradikalen und nationalsozialistischen Terror zum Opfer. Viele sind heute in Vergessenheit geraten. Einer von ihnen war der parteilose Reichsbanner-Mann Erich Schulz (12.02.1898–25.04.1925). Der 27-jährige parteilose Lagerarbeiter wurde am 25. April 1925 auf offener Straße erschossen, als er gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der „Kameradschaft Kreuzberg“ auf einem Möbelwagen unterwegs war, um für die Wahl des gemeinsamen Kandidaten der republiktreuen Parteien (SPD, DDP und Zentrum), Wilhelm Marx, zu werben. Der Möbelwagen wurde in der Innsbrucker Straße von rechtsextremen Republikgegnern aufgehalten. Einer von ihnen war der 21-jährige Alfred Rehnig, Mitglied im „Bund Wiking“. Er zog eine Waffe und verletzte Schulz so schwer, dass dieser noch auf dem Weg ins Krankenhaus an seinen Schussverletzungen verstarb. Rehnig, später Mitglied der NSDAP und der SS, wurde am 9. Juli 1925 von einem Schwurgericht freigesprochen. Am 2. Mai 1925 fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ein Trauerzug für Schulz statt. Ein Jahr später wurde ein vom Reichsbanner gestifteter Grabstein auf dem Neuen Garnisonfriedhof am Columbiadamm feierlich enthüllt. Am Grab von Erich Schulz fanden bis 1933 Gedenkveranstaltungen für die von den Nationalsozialisten Ermordeten statt.

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Ansprache von Bundesminister Boris Pistorius

„Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold schützt Freiheit und Demokratie heute nicht mehr in Saalschlachten und bei Straßenkämpfen. Aber genauso wichtig wie damals ist uns der Kampf um die Köpfe und die Herzen der Menschen“, äußerte Dr. Felgentreu in seiner Begrüßungsansprache.

Unser Bundesminister Pistorius formulierte es in seiner Rede noch eindringlicher: „Unsere Demokratie ist erneut in Gefahr – so sehr wie seit Langem nicht mehr. Sie braucht unseren Schutz vor Bedrohungen von innen und außen. Sie muss verteidigt werden: jetzt und in Zukunft, weltweit und eben auch hierzulande.“ Mit Blick auf das Reichsbanner und das Gedenken an Erich Schulz sagte Pistorius: „Demokratie braucht Menschen, die sich täglich für sie einsetzen und – wenn erforderlich – auch für sie kämpfen. Sie braucht Menschen, die sie zu schätzen wissen, die die Demokratie lieben, die sie tragen – aber eben auch bereit sind, sie zu beschützen.“ Erich Schulz’ Einsatz für die Demokratie habe überlebt, so Pistorius weiter: „Die Weimarer Republik ist nicht zugrunde gegangen an der Stärke ihrer Feinde, sondern an der geringen Zahl, der Feigheit und der Schwäche ihrer Anhänger. Und das sollte uns eine Lehre sein.“ Schulz und viele andere mutige Menschen, die ihr Leben für die Demokratie riskierten, seien bis heute Vorbilder: „Seien wir entschlossen! Kämpfen wir für unsere Demokratie!“
Für die Rede unseres Verteidigungsministers Pistorius gab es lang anhaltenden Beifall.

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