Gedenken zum 9. November

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Hunderte engagierte Bürger nahmen zusammen mit Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey (SPD) an einer Kundgebung in Britz zum Gedenken an die Opfer des Pogroms vom 9. November 1938 teil. Sie fand vor der ehemaligen Apotheke des jüdischen Apothekers Adolf Mockrauer in der Buschkrugallee 179 in Britz statt. Sie waren auch gekommen, um ihre Stimme an diesem Abend gegen die Schändung der 16 Stolpersteine in der Nacht vom 5. auf den 6. November des Jahres zu erheben, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Einig waren sich die Teilnehmer*innen des Gedenkens auch in ihrem Willen, den Kampf gegen Rechts und Rechtspopulisten mit aller Kraft weiterzuführen. Unter den Teilnehmern des Gedenkens waren neben IG Metallern auch der SPD Bundestagsabgeordnete Dr. Fritz Felgentreu, Derya Çağlar und Karin Korte (beide SPD) vom Berliner Abgeordnetenhaus, der Fraktionsvorsitzende der SPD Neukölln Martin Hikel und die Fraktionsgeschäftsführerin Sasa Raber, der Stadtrat für Bildung, Schule, Kultur und Sport Jan-Christopher Rämer sowie die SPD Bezirksverordneten Eva-Marie-Schoenthal und Mirjam Blumenthal. Ebenfals vor Ort waren die ehemaligen SPD Fraktionsmitglieder und jetzigen Bürgerdeputierten Gabriele Gebhardt und Jörg Stempel.

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Sie alle gedachten der Opfer der antisemitischen „Reichsprogromnacht“ von 1938 und besuchten anschließend mit anderen die Orte der verlegten Stolpersteine im Umfeld der Hufeisensiedlung, wo Blumen niedergelegt wurden, die im Kerzenschein leuchteten. Eines dieser Opfer war im Umfeld der Britzer Hufeisensiedlung der jüdische Apotheker Adolf Mockrauer, an den die Bürgerinitiative Hufeisern gegen Rechts erinnerte. Auch Mockrauer, der als sozialer hilfsbereiter Mensch galt und ein großes Herz für Kinder hatte, wurde gewaltsam ausgegrenzt und in den Tod getrieben. Er wurde enteignet und flüchtete in der Not nach Südamerika, wo er sich aus Verzweiflung das Leben nahm. Mockrauer war ein Mensch, „den wir als Kinder alle sehr gerne mochten, weil er selber ein großer Freund von Bonbons war und auch immer dafür sorgte, dass ein großer Kanister mit Bonbons zur Verfügung stand. Und er stand im Sommer sogar vor der Tür der Apotheke, so dass die spielenden Kinder sich bedienen konnten. Man war ja damals auf sowas – selbst wenn man es selber hatte – fixiert im gewissen Sinne“, so der Zeitzeuge Hans-Peter Herz, der damals 11 Jahre alt war. Mit Schrecken erinnert sich Herz an den Anblick der Apotheke einen Tag nach dem Progrom: „Diese Apotheke war völlig zerstört, die Scheiben eingeschlagen, alle Regale zerhackt, alle Medikamente zertreten, überall lagen Glassplitter von den Röhrchen, ja es war ein Bild, wie man es später nach Bombenangriffen häufiger gesehen hatte. An den Wänden stand „Juden raus!“

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Aus dem stillen Gedenken an die Opfer des 9. November musste angesichts der Schändung der Stolpersteine eine Kampfansage werden. Alle Redner*innen forderten die Anwesenden dazu auf, sich gegen Rassismus zu positionieren und sich den Feinden einer demokratischen Entwicklung in den Weg zu stellen. „Sich am größten Flächendenkmal Europas für die Ermordung der Jüdinnen und Juden und Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer zu vergreifen und Stolpersteine zu stehlen, ist an Dummheit, Geschichtsvergessenheit und Menschenverachtung kaum zu überbieten. Es ist einfach nur erschütternd“, betonte Bezirksbürgermeisterin und SPD Kreisvorsitzende Giffey. Dann gab sie bekannt, dass sich bei den Bürger*innen im Bezirk eine große Spendenbereitschaft zeigte, sodass in Neukölln bald mehr Stolpersteine verlegt werden als zuvor. Auch habe sich die Wohnungsbaugesellschaft „Deutsche Wohnen“ bereiterklärt, die Kosten für die Neuverlegung aller geschändeten Stolpersteine zu übernehmen. „Seit dem 7. November 2017 sind innerhalb von fünf Tagen 1245 € an Spendengeldern für den Ersatz der in Britz entwendeten Stolpersteine bei uns eingegangen“, berichtet die Initiative Hufeisern gegen Rechts. Hinzu kommen weitere 110 Euro mit der Bitte, einen Stolperstein für den jüdischen Apotheker Adolf Mockrauer in die Wege zu leiten.