Am Morgen des 7. Februar 2024 versammelten sich vor dem Gedenkstein von Hatun Sürücü in der Oberlandstraße rund 70 Menschen, um des Mordes an der jungen Frau vor 19 Jahren zu gedenken. Als Zeichen der Anteilnahme hat unser Bezirksbürgermeister Martin Hikel gemeinsam mit dem Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann sowie mit den Bezirksverordnetenvorstehern Karsten Schulze (Neukölln) und Stefan Böltes (Tempelhof-Schöneberg) einen Kranz niedergelegt. Am Gedenken nahmen auch unsere Bezirksverordneten Marina Reichenbach und Wolfgang Hecht sowie eine Gruppe junger Männer von HEROES® teil. HEROES setzen sich ehrenamtlich gegen Unterdrückung im Namen der Ehre ein, gegen Strukturen in Gesellschaft und Familie, die Menschen ein freies Leben verbieten, weil dies angeblich dem Ansehen der Familie, der Community oder des Landes schadet. „Alle Mädchen und Frauen sollen ein selbstbestimmtes Leben frei von patriarchaler Gewalt führen können. Weil dies auch 19 Jahre nach der Ermordung Hatun Sürücüs nicht der Fall ist, sollte der wertevermittelnde Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler gestärkt werden“, fordert Reichenbach.
Hatun Sürücü wuchs mit ihren fünf Brüdern und drei Schwestern in Kreuzberg auf. Nachdem ihr Vater sie mit der 8. Klasse vom Gymnasium holt, verheiratet er sie in Istanbul mit ihrem Cousin. Hatun wird schwanger, kehrt allein nach Berlin zurück und bringt ihr Kind zur Welt. Sie verlässt ihre Familie, zieht in ein Wohnheim für minderjährige Mütter, holt ihren Hauptschulabschluss nach, absolviert dann erfolgreich eine Lehre als Elektroinstallateurin und steht 2005 kurz vor der Gesellenprüfung. Schließlich will sie ihr Fachabitur in Süddeutschland machen. Doch dazu kommt es nicht mehr, die Morddrohungen gegen sie, die sie der Polizei meldete, wurden wahrgemacht. Hatun Sürüci wurde am 07. Februar 2005 an der Tempelhofer Oberlandstraße von ihrem Bruder Ayhan Sürüci ermordet, weil die junge Frau ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. „Hatun Sürücü wollte nur eines: Ihr gutes Recht auf ein freies Leben, in dem freien Land, in dem sie geboren wurde“, sagte Hikel. Dafür habe sie den Schritt gewagt, aus dem ihr von der Familie vorgegebenen Rollenbild auszubrechen – und musste letztlich dafür mit dem Leben bezahlen“, so Hikel weiter. Dieser schreckliche Femizid sei auch nach 19 Jahren immer noch unfassbar und gleichzeitig Mahnung an uns alle. Man dürfe es nicht tolerieren, „dass auch heute noch Mädchen und Frauen Angst vor Gewalt oder sogar vor dem Tod haben müssen, weil sie ein freies, selbstbestimmtes Leben führen möchten“.
Am Gedenken für Hatun Sürücü nahmen auch die Gleichstellungsbeauftragte für Neukölln Sylvia Edler, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner sowie unsere Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, Cansel Kiziltepe sowie unser Bundestagsabgeordneter Hakan Demir teil. In Neukölln wurde am 07. Februar die Brücke über die Autobahn A100 in der Sonnenallee nach Hatun-Sürücü benannt.