Berlin schafft 30 zusätzliche Schutzplätze für gewaltbetroffene Frauen

Berlin schafft 30 zusätzliche Schutzplätze für gewaltbetroffene Frauen 1

„Ja, wir haben heute alle zusammen auf dem Rathausvorplatz getanzt für „One Billion Rising“ gegen Gewalt an Mädchen und Frauen für ein selbstbestimmtes Leben mit vielen Mädchen aus unseren Neuköllner Jugendeinrichtungen, die wir stark machen wollen, sich für sich selbst, aber auch für andere einzusetzen“, postete Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey am 14. Februar des Jahres auf ihrer Facebookseite. Ihr Statement:  „Wir müssen deutlich machen, dass es für Gewalt in unseren Familien und in unserer Gesellschaft keinen Platz gibt und dass Frauen, die misshandelt werden, unsere Unterstützung und unsere Solidarität haben“.  An diesem Tag sprach Giffey  bei einer Kundgebung am Rathaus zu den Menschen, um auf das Gewaltproblem aufmerksam zu machen.  An der Aktion nahmen auch Mädchen und Frauen der „Schilleria“, vom „Szenenwechsel“ und anderen Mädchen- und Frauentreffpunkten in Neukölln teil. Im Anschluss  an die Versammlung beteiligten sich die Mädchen und Frauen auch an der großen Berliner Kundgebung am Brandenburger Tor, worüber auch die Berliner Abendschau am selben Tag berichtete. In diesem Jahr hatten in Deutschland 20 Prozent „One Billion Rising“ teilgenommen. So kamen an 180 Orten rund  60.000 Menschen zusammen.

Wie sich derzeit das Leiden der Frauen in Zahlen ausdrückt, darüber gab Neuköllns Gleichstellungsbeauftragte Sylvia Edler Auskunft: „Nach Angaben der Vereinten Nationen sind eine Milliarde Mädchen und Frauen auf der Welt von Gewalt betroffen. So war jede 3. Frau weltweit bereits Opfer von Gewalt, wurde geschlagen, zu sexuellem Kontakt gezwungen, vergewaltigt oder in anderer Form misshandelt.“ Aktuelle Zahlen über Gewalt an Frauen liegen derzeit mit der Polizeilichen Kriminalstatistik für Berlin vor. Seit 2011 ermöglicht diese Aussagen zu Opfern, welche zum Tatverdächtigen in einem ehelichen, partnerschaftlichen, familiären bzw. Angehörigenverhältnis stehen. Für 2016 wurden 14.655 entsprechende Opfer registriert, überwiegend weibliche (71,5%). Gegenüber dem Vorjahr blieb die Opferzahl nahezu unverändert auf hohem Niveau. Überwiegend handelte es sich um folgende Delikte: Vorsätzliche einfache Körperverletzung: 8.235 Opfer, Bedrohung: 1.989 Opfer,  Gefährliche und schwere Körperverletzung: 1.635 Opfer,  Nachstellung (Stalking): 687 Opfer,  Nötigung: 639 Opfer,  Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung: 325 Opfer. Außerdem standen insgesamt 13 Opfer eines versuchten und acht Opfer eines vollendeten Tötungsdelikts zum Tatverdächtigen in einem ehelichen, partnerschaftlichen, familiären Verhältnis beziehungsweise Angehörigenverhältnis. Von den 14.655 „innerfamiliären“ Opfern eines Delikts gegen die Freiheit oder körperliche Unversehrtheit wurde bei 10.022 Opfern eine partnerschaftliche Beziehung zum Täter festgestellt (68,4%). Innerfamiliäre Gewalt steht damit überwiegend im Zusammenhang mit bestehenden oder ehemaligen Partnerschaften. Bei diesen Opfern handelte es sich zu 79,3% um Frauen. Besonders häufig bestehe diese Täter-Opfer-Konstellation im Zusammenhang mit Nachstellung (Stalking), so die Polizeistatistik. Einen Anstieg gab es leider auch bei den Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz um 120 auf 965 Fälle (+14,2%). Für die Zeit vom 01. Januar 2016 bis zum  31. Dezember 2016 mussten stadtweit 1.162 Polizeiliche Wegweisungen gemäß § 29 a des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin  (ASOG) erteilt werden. Das Gewaltschutzgesetz soll Personen vor allen Formen von Gewalt im privaten häuslichen Umfeld schützen. Bei Körperverletzung oder massiver Bedrohung kann nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes ein Betretungsverbot der Wohnung ausgesprochen werden. Somit müssen Personen, die häusliche Gewalt erlitten haben oder von ihr bedroht sind, nicht mehr den gemeinsamen Haushalt verlassen. Das soll auch dem Kindeswohl dienen.

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Von jeher ist es ein politisches Anliegen der SPD, Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder abzubauen und den Betroffenen gute und professionelle Hilfeangebote und Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Vieles ist hier erreicht worden. „So besteht in Berlin eine engmaschige Kooperation zwischen dem Beratungstelefon BIG-HOTLINE, den Frauenhäusern, Beratungsstellen und Zufluchtswohnungen und allen behördlichen Institutionen, die mit Häuslicher Gewalt befasst sind. „Auch Polizei, Justiz, Jugendämter und der öffentliche Gesundheitsdienst wurden für das Thema sensibilisiert“, erklärt Dilek Kolat, Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Die Senatorin freut sich zusammen mit der SPD Sprecherin für Gleichstellung und Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses Derya Çağlar, dass mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2018/19 unter anderem die Mittel für  zusätzliche Frauenhausplätze vorhanden sind. So fließt alleine in die Einrichtung von 30 zusätzlichen Schutzplätzen für gewaltbetroffene Frauen rund eine halbe Million Euro. Das Unterstützungssystem bei häuslicher Gewalt an Frauen wird so ausgestattet, dass psychisch besonders belastete, kranke, suchtmittelabhängige oder von sexualisierter Gewalt betroffene behinderte Frauen besser betreut werden können. So sind in dem Haushalt auch Mittel in Höhe von jeweils 180.000 Euro für 2018 und 2019  bereitgestellt für „Besondere gesundheitliche Bedarfslagen“, die zur Umsetzung der WHO-Leitlinien für Gesundheitsversorgung und  Gesundheitspolitik beim Umgang mit Gewalt in Paarbeziehungen und mit sexueller Gewalt gegen Frauen  verwendet werden.  Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Neukölln in der Bezirksverordnetenversammlung Cordula Klein begrüßt dieses Ergebnis, weiß aber auch, dass in Sachen Gewalt an Frauen noch viel zu leisten ist:  „Es reicht leider noch nicht aus, wir bleiben weiterhin am Ball. Klares Signal: keine Gewalt gegen Frauen!“